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Du hast mir nicht geholfen

Papa, du hast mir nicht geholfen.

Eine unliebsame Aufgabe wartet auf mich.

Und dabei habe ich sie selbst gewählt. Meine Tochter soll zur Blutabnahme.

Eigentlich kein großes Ding sollte man denken. Für meine Tochter schon.

Sie mag keine Spritzen. Egal für welche Richtung (drücken oder ziehen) sie genutzt werden.

Die Ursache liegt schon einige Jahre zurück. Und ich war damals auch daran beteiligt. So verbindet uns dieses kleine Ereignis im negativen wie im positiven Sinne.

Damals sollte meine Tochter eine Impfung bekommen. Schon im Vorgespräch machen wir deutlich, dass sie sehr ängstlich ist, wegen der Spritze. Immer wieder dreht sie sich weg oder hält ihre Hand schützend über den Oberarm. Auch mein gutes Zureden hilft nichts. Der junge Arzt ist schon etwas genervt. Das spüre ich und bestimmt auch meine Tochter.

Dann will er sie austricksen und drückt ihr ohne weitere Vorwarnung schnell die Spritze in den Arm. Die Impfaktion ist ihm zwar gelungen, doch der Schock bei meiner Tochter auch.

Zurück bleiben eine verbogene Spritzennadel und meine Hilflosigkeit bzw. Überforderung mit der Situation.

Völlig verloren und tief erschüttert blickt meine Tochter mich an. Sie ist enttäuscht.

Als wir wieder im Auto sitzen, habe ich es verstanden.

„Warum hast du mir nicht geholfen, Papa“

„Du warst bei mir und hast mich nicht beschützt“

„Nicht einmal mit dem Arzt hast du geschimpft“

Ich bin mir nicht mehr sicher, ob sie überhaupt etwas gesprochen hat. Ihre Augen jedoch haben alles gesagt.

Wenig später habe ich mich für mein Verhalten bei ihr entschuldigt. Ich hätte für sie sprechen sollen. Klartext reden, Worte finden für sie, die sich nicht wehren kann.

In einer Welt wo sich die Erwachsenen ihrer Macht bedienen.

Durch diese für mich sehr lehrreiche Erfahrung hat sich meine Vaterrolle weiter geprägt.

Zu meiner Freude gab es dennoch Anerkennung von meiner Tochter. Nach einigen Monaten schrieb sie mir, wie wichtig ihr meine Entschuldigung und mein Einsehen waren.

In welchen Alltagssituationen beschützt du deine Tochter / deinen Sohn?